Saturday, December 1, 2012

Update zu unserem Wasserschaden

- Wer geduldig ist, wird belohnt! -
 
Nach mehr als eineinhalb Jahren warten, startete am 11. September 2012, um 9.00 Uhr im Federal Court in Fort Smith, Arkansas, die Verhandlung über unseren Wasserschaden. Im Juristendeutsch würde es heissen: Sonrob Hosts, LLC gegen LaFayette Insurance Company.
 
Pünktlich um 8 Uhr fanden wir uns bereits als Erste im Gerichtsgebäude ein. Nach einer kurzen Leibesvisitation durften wir den Gerichtssaal dann betreten. Unser Anwalt folgte kurze Zeit später und wir warteten gespannt auf die Gegenpartei, welche später mit grossem Getöse und vier riesengrossen Schachteln Papier sowie einem vergrösserten Foto erschien. Der Eindruck war beachtlich und ich glaube, unser Anwalt wurde für kurze Zeit etwas nervös, aber er beruhigte sich bald wieder.
 
Zuerst wurden beide Anwälte ins Hinterzimmer zum Richter eingerufen. Etwa 10 Minuten später kamen beide wieder zurück und auf Kommando erhebten sich alle für den Eintritt des Richters, P.K. Holmes, III, seines Zeichen Chief District Judge for the United States District Court for the Western District of Arkansas. Gemächtlich schritt er hoch zu seinem Thron und wir Niederen durften uns wieder setzen. Er machte einen friedlichen Eindruck auf uns.
 
Als erstes stellte der Richter klar, wer hier eigentlich auf der Anklagebank sass. Es waren nicht die Privatpersonen Robert und Sonja Schmid, sondern unsere Firma, welche gegen die Versicherungsgesellschaft eine Klage eingereicht hat und darüber wird heute befunden. Der Anwalt der Versicherung klaubte sein Riesenbild der Lookout Lodge und behauptete, wir hätten das Erscheinungsbild unseres Motels seit seinem Besuch im Mai 2012 (!) verändert - schlicht und einfach präsentierte er ein Bild des Rose Garden Inn's von ca. 1995 und wer genau hinsah, erkannt sogar das "falsche" Logo. Wir wussten nicht, ob wir laut lachen sollten oder sonstwie uns amüsieren. Irgendwie realisierte der Anwalt unser Amüsement und er musste verstanden haben, dass er da wohl falsch lag. Das Bild verschwand so schnell wie es präsentiert wurde und niemand erwähnte irgendetwas.
 
Wahrscheinlich als Retourkutsche verlangte der Anwalt dann, da ja unsere Firma die Klägerin war, dass laut Gesetz nur eine Person die Firma vor Gericht vertreten könne und dies bedeutete, dass Sonja oder ich den Raum verlassen mussten. Sonja packte ihre Sachen und ging nach draussen. Leider konnte sie so den ersten Teil der Verhandlung nicht persönlich verfolgen. Erst nach dem Mittagessen konnte sie wieder im Gerichtssaal Platz nehmen.
 
Unser erste und einzige Zeuge, John Perkins, wurde zur Zeugenbank gerufen, wo er zuerst schwören musste, dass er die Wahrheit und nichts als die Wahrheit sagen würde. Anschliessend wurde er von unserem Anwalt befragt. Er meistere alle Fragen perfekt und glaubwürdig, so glaubwürdig, dass der Gegenanwalt wollte, dass John nicht als Expert Witness akzeptiert würde. Der Richter zweifelte keine Sekunde und meinte, dass ein Mann mit weit über 50 Jahren Berufserfahrung sehr wohl als Experte gelten könne und wies deshalb das Begehren umgehend ab. Später hatte John sogar eine sehr persönliche Unterhaltung mit dem Richter, da dieser auch noch Zusatzfragen hatte. Auch diese meisterte er mit Bravour.
 
Anschliessend musste ich in den Zeugenstand, nachdem ich auch den Schwur geleistet hatte. Tim Parker, unser Anwalt stellte einige Fragen zu unserer Situation um den Fall dem Gericht verständlich zu machen. Der Gegenanwalt wollte danach immer und immer wieder auf die Bedingungen der Versicherungspolice hinweisen und wollte, dass ich das Kleingedruckte in der Police quasi bestätige. Er meinte, wir hätten unseren Teil zum Schutz unserer Liegenschaft nicht beigetragen, da wir die Klauseln der Versicherungspolice nicht im Detail gelesen hätte - was für eine Zeitverschwendung!
 
Leider hatte unser Anwalt es versäumt, unsere weiteren Zeugen rechtzeitig über die Verschiebung des Gerichtstermins vom 10. auf den 11. September 2012 zu unterrichten, was zur Folge hatte, dass nur John Perkins übrigblieb.
 
Dann wurde das Zepter dem Gegenanwalt für seinen ersten Expert Witness übergeben. Mr Rocky Ford, ein erfahrener mechanical engineer, erklärte über mehrere Stunden den möglichen Hergang unseres Wasserschadens. Wo genau die Leitung wohl einfror und welche Konsequenzen dies zur Folge hatte. Kurz erklärt, alles was er sagte war grundsätzlich zu unseren Gunsten und nicht zu Gunsten der Versicherung. Erstaunlich?! Dieser Zeuge war für uns sehr wertvoll und er bestätigte, dass wir wohl hätten heizen können was das Zeug hält und trotzdem eine gefrorene Wasserleitung erlitten hätten. Als nächster Zeuge stand der Schadenexperte der Versicherung auf dem Stuhl. Schon in seiner Zeugeneinvernahme zeigte er, dass er eigentlich ein mitleidenswerter, einsamer Kerl ist und dass er wohl nur wenige Freunde hat. Ich will hier keine bösen Worte verwenden und er hat uns weder geschadet noch geholfen - auch nicht der Versicherung!
 
Zu guter Letzt, nach einem bereits sehr langen Tag stand dann noch die Supervisorin des Schadenexperten im Zeugenstand. Zu Beginn erklärte sie hocherhaben über was für eine langjährige Erfahrung sie verfügen würde und auch, wie genau sie jeden Schadenfall zuerst des langen und breiten versucht zu verstehen, bevor sie eine Entscheidung fällen würde. So auch in unserem Fall, übrigens sei es der erste Rohrbruch-Schadenfall den sie ablehnte - wer's glaubt! Nach mehr als 10 Minuten Erklärung über ihre Qualifikationen fragte ein sichtlich genervter Richter, was das Ganze für einen Sinn machen soll und dass der Anwalt nun endlich zum Punkt kommen soll. Bis dahin wirkte Miss Lynn O'Neill noch sehr gefasst und optimistisch, doch das änderte sich bald! Als unser Anwalt seine Fragen stellte, begann sie schon mehr aufzupassen um ja nicht in ein Fettnäpfchen zu treten, was ihr grundsätzlich auch gelang.
 
Bei der Aufarbeitung unseres Schadenfalls ersuchten wir, noch bevor wir einen Anwalt einschalteten, mittels Hilfe der Arkansas Ombutsstelle für Versicherungsprobleme eine Lösung zu erzielen. Leider war die abschliessende Antwort so, dass wohl nur ein Gericht eine Antwort auf unsere Situation geben kann. Zu unserem Vorteil lieferte die Ombutsstelle Kopien sämtlicher Korrespondenzen zwischen der Amtsstelle und der Versicherung. Dabei fanden wir einen Brief, mit welchem die Versicherung erklärte, dass wir bei einer Quote von 81% nicht geheizten Räumen insgesamt wohl über keine Chance auf eine Deckung verfügen würden und dass sie bereits einen Anwalt in dieser Angelegenheit kontaktiert hätten, welcher bestätigte, dass nur ein Gericht diese unklaren Fragen beantworten könnte.
 
Zurück zu unserer Zeugin. Sie erklärte, dass sie den Fall vorallem intern mit Kollegen vorbesprochen hätte, bevor sie die endgültige Entscheidung gefallen hatte. Wie ein Geistesblitz schoss es mir durch den Kopf und rasch suchte ich diesen besagten Brief. Schnell markierte ich die wichtigsten Passagen und reichte ihn unserem Anwalt. Dieser griff sich den Brief, lief rüber zur Frau Versicherung und hielt ihr diesen unter ihre Augen mit der Frage, ob sie diesen Brief kenne? Zögerlich und völlig entsetzt blickend zu ihrem Anwalt, beantwortete sie die Frage mit einem klaren "ja". Ja, ich habe diesen Brief geschrieben aber wie kommen sie zu diesem? Noch bevor die nächste Frage kam, erklärte der Richter, dass er diesen Brief sehen möchte. Nach einer kurzen Lesepause schnappte sich der Richter unsere Zeichnung, welche das Motel mit allen geheizten und nicht geheizten Räumen zeigte - und das sah mehr nach 50/50 aus, und fragte die Frau Supervisorin, wie sie den auf diese Quote gekommen sei? Ganz verdattert antwortete sie, dass sie wohl etwas "low on math" war, also schlecht gerechnet hätte. Der Richter schaute sie mit sperangelweiten Augen an und erklärte kurzerhand den Brief als Beweismittel für den Fall und verlangte eine Kopie für seine Akten. Keine fünf Minuten später war die Zeugin aus dem Zeugenstand entlassen.
 
Da es schon beinahe fünf Uhr geworden war, erklärte der Richter, dass er den Fall nochmals in aller Ruhe studieren wolle und dass er im Moment zu keiner Entscheidung kommen wolle. Vielmehr sah es so aus, dass er nach Hause wollte, da nämlich die ganze Geschichte locker nochmals eine Stunde hätte dauern können. Na gut, dann warten wir halt auf die hoffentlich positive Verurteilung.
 
Dass amerikanische Gerichte stark überlastet sind, lernten wir erst später. Erst nach beinahe sechs Wochen kam am 26. Oktober 2012 die erlösende Antwort: die Versicherung muss den Schaden vollumfänglich übernehmen - sämtliche Kosten müssen der Klägerin, also uns, restlos bezahlt werden. War das eine Erleichterung und Genugtuung! Doch noch waren wir nicht am Ende. Jetzt ging es noch darum, welche Kosten genau bezahlt werden und welche vielleicht nicht. Nun, wir verstanden das Verdict ganz genau, s ä m t l i c h e   Kosten. Also pokerten wir auf die maximal mögliche Summe und siehe da, noch bevor das Gericht eine Entscheidung machte, kam der Gegenanwalt mit einer Offerte zur Begleichung. Natürlich war die erste Offerte noch nicht ausgereizt und wir spekulierten auf die uns rechtlich und nach gesundem Menschenverstand berechnete Summe, welche uns zwei Tage später mit einem Brief und einer Erklärung unterbreitet wurde. Innerhalb von zwei Wochen sollte dann der Check per Post an uns gelangen und die Sache wäre hiermit abgeschlossen.
 
Tatsächlich, noch vor Ablauf der Frist kam der Check und wir legten den Betrag noch am gleichen Tag auf unser Bankkonto. Hier übrigens noch ein Abbild des Checks - was für eine Genugtuung und Erlösung!
 
 
Ende gut, alles gut!